Am 20. Februar reisen wir von Chetumal, Mexiko, nach Belize. Auf dem Weg zur Grenze halten wir an einer Polizeikontrolle. Eine Polizistin sagt, wir seien zu schnell gefahren. Ich frage nach der Geschwindigkeit, aber sie antwortet nicht und lacht nur. Christoph fährt nie schnell, solange Muggl noch kalt ist. Ich frage erneut, wie viel zu schnell wir waren, aber wir erhalten keine Antwort. Ein Kollege kommt dazu und wiederholt die Aussage. Alle lachen, was uns verwundert, da wir eine ernstere Kontrolle erwartet hatten. Niemand sagt uns, wie schnell wir gefahren sind. Als ich frage, was nun passiert, tritt die Polizistin hinter ihrem Kollegen hervor, mit einer Laserpistole in der Hand. Aha, sie haben neue Spielzeuge und finden es toll, damit zu spielen. Niemand will Geld von uns. Sie geben uns einen Zettel und sagen, wir sollen vorsichtig fahren und auf Geschwindigkeitsbegrenzungen achten. Mexikaner sind halt große Kinder. Im ersten Moment denken wir, eine Strafe am letzten Tag in Mexiko brauchen wir wirklich nicht mehr.
An der Grenze checken wir schnell aus Mexiko aus. Kaum auf der belizianischen Seite, ist alles anders. Die Leute sehen zwar indigen aus, sprechen aber Englisch mit karibischem Slang. Ein Beamter begrüßt uns und erklärt, wo wir hinmüssen und dass unser Fahrzeug zuletzt kontrolliert wird. Schnell erhalten wir Visa für uns und für Muggl. Bei der Fahrzeuginspektion stelle ich erschrocken fest, dass ich vergessen habe, die Eier zu verstecken. Der Beamte nimmt sie uns ab, da sie nicht erlaubt sind. „Sorry“, sagt er. Er erklärt geduldig, dass sie wegen der Vogelgrippe keine Eier aus dem Ausland erlauben. „Aber keine Sorge, wir haben Eier in Belize. “ Na Gott sei Dank, denke ich. Ich will nicht für einen erneuten Ausbruch von Vogelgrippe verantwortlich sein.
100 Meter nach der Grenze kaufen wir die Versicherung für Muggl und es kann losgehen. In Orange Walk, der ersten Stadt auf unserem Weg, kaufen wir Eier und belizianische Biere. Dann fahren wir nach Crooked Tree auf einen kleinen Campingplatz an einem Fluss, der wegen des starken Regens eher ein See ist. Der Feldweg am Ufer steht teilweise unter Wasser, aber das hält uns nicht ab, unser Lager für die nächsten drei Tage aufzuschlagen. Auch wenn das Wasser noch steigt, kriegt Muggl halt nasse Füße. Ich habe mir in Mexiko beim Tauchen eine Erkältung eingefangen, also nutzen wir die ruhigen Tage, damit ich mich auskurieren kann. Gelegentlich regnet es noch, aber das Wasser steigt nicht weiter, sodass wir fast trockenen Fußes wieder herauskommen.
Weiter geht es nach Bermudian Landing zur Community Baboon Sanctuary, einem Schutzgebiet für Brüllaffen. Gleich am nächsten Morgen macht Robert eine Führung. Er arbeitet seit über 40 Jahren für den Schutz und Lebensraum der Brüllaffen. Es dauert nicht lange, bis eine Brüllaffenfamilie auftaucht. Sechs oder sieben Affen verstecken sich in den Bäumen, darunter zwei Mütter mit Babys auf dem Rücken. Robert lockt sie an, indem er ein großes Blatt von einem Busch pflückt und hochhält. Tatsächlich kommen sie uns entgegen. Wir beobachten aus nächster Nähe, wie die kleinen Affen versuchen, die Blätter zu greifen und zu fressen. Das hat sich wirklich gelohnt!
Belize hat viel Wildlife zu bieten, vor allem Wildkatzen. Da diese in freier Wildbahn schwer zu finden sind, beschließen wir, in den Zoo zu gehen. Der Belize Zoo beherbergt nur belizianische Tiere, die verletzt wurden oder als Jungtiere von ihren Müttern getrennt wurden. Auch „Problemjaguare“, die den Menschen zu nahe kamen, finden hier ein Zuhause. Da stellt sich die Frage, wer wem zu nahe kommt, aber wenigstens müssen die Tiere nicht zum Abschuss freigegeben werden.
Die Nachttour im Zoo soll toll sein, aber an diesem Tag gibt es keine Gruppe, der wir uns anschließen können. Also schauen wir uns den Zoo tagsüber an und sind begeistert. Er bietet einen guten Einblick in die vielfältige belizianische Tierwelt. Besonders das Ozelot fasziniert mich. Das vieräugige Opossum und der Honigbär lassen sich nicht blicken. Also doch noch eine Nachttour?
Das Tropical Education Center (TEC), das zum Zoo gehört, bietet die Möglichkeit zum Campen. Wir haben gelesen, dass es dort toll sein soll. Im TEC ist es tatsächlich super schön. Es gibt Wanderwege, einen Teich mit einem Krokodil, einen Pool mit einem riesigen Moskitonetzhaus, heiße Duschen und sehr nette Leute. Hier lernen wir Frank kennen, einen Kanadier, der seit vier Monaten mit dem Rad durch Guatemala und Belize fährt. Er hat einen Welpen adoptiert, der im Zoo Asyl suchte. Frank erzählt von einer abgelegenen Insel, die er bald wieder besuchen will. Die Insel liegt in der Karibik, ist von glasklarem Wasser umgeben, hat keinen Strom, keine Autos und keine Restaurants. Man kommt nur am Sonntag hin und am Samstag darauf zurück. Das klingt verlockend. Die Insel ist seit vielen Jahren in Familienbesitz und die Familie hält sie bewusst simpel. Es gibt Regenwasserduschen und Komposttoiletten, Hütten am Strand oder über dem Wasser.
Ich finde eine alte Internetseite mit traumhaften Bildern. Tauchen kann man dort auch. Wir beschließen spontan mitzukommen und reservieren. In der Zwischenzeit fahren wir nach Caye Caulker, einer touristischen Insel mit karibischem Charme. Muggl parkt im Alten Hafen von Belize City und wir nehmen das Wassertaxi. Kaum angekommen, fühlt man sich entspannt. Das Motto der Insel ist „go slow“. Da meine Erkältung trotz aller Medikamente nicht weggeht, beschließen wir, nur zu schnorcheln. Mit Caveman finden wir eine tolle Agentur, die uns eine super Tour bietet. Wir sehen Manatees, Seepferdchen, Adlerrochen, Karibische Sting Rays, eine Loggerhead-Schildkröte, grüne Meeresschildkröten, Ammenhaie, Moränen und bunte Fische. Wir sind so begeistert, dass wir für den nächsten Tag gleich eine Halbtages-Tour buchen. Caveman können wir wärmstens empfehlen!
Nach drei Tagen kehren wir zurück und treffen Frank mit Biscuit und seinem Kumpel Matt, der aus Kanada angereist ist. Am Sonntag, den 4. März, geht es los. Wir warten am Ufer des Sittee Rivers auf den Katamaran, der uns zur Northeast Caye bringt. Mit einer Stunde Verspätung trifft er ein. Wir laden unser Gepäck, Proviant und Trinkwasser auf den Katamaran. Drei Stunden dauert die Fahrt. Wir fahren aus dem Sittee River auf das offene Meer, an Inseln vorbei, bis schließlich keine mehr da ist. Die Sonne strahlt und Matt bekommt trotz Sonnencreme einen Sonnenbrand. Als wir ankommen, trauen wir unseren Augen nicht: türkises Wasser, weißer Sand, Palmen, runde Bambushütten auf Stelzen im Wasser, die man über Stege erreicht. Wir haben eine Beach Cabin gebucht, aber überlegen, ob wir nicht nach einem Upgrade fragen sollen. Nach der Begrüßung mit Getränken und Wassermelone stehen die Cabin-Nummern an. Wir haben schon einen handgezeichneten Lageplan erhalten und suchen gespannt nach Cabin No. 7. YES! Es ist eine Cabin auf dem Wasser. Wir haben ein kostenloses Upgrade bekommen! Die kommende Woche verbringen wir mit Tauchen, Schnorcheln und Kokosnüsse knacken. Die haben hier eine Station zum Öffnen von Kokosnüssen und einen Schredder, um das Fruchtfleisch auszukratzen. Wir pressen die frischen Kokosflocken durch ein Tuch und machen selbst Kokosmilch für Kaffee und White Russian. Weil es keinen Kühlschrank gibt, haben wir nicht viel Bier dabei, dafür umso mehr Rum. In der ersten Nacht leuchtet das Meer. Es sieht fast aus wie Glühwürmchen im Wasser, Biolumineszenz nennt sich das. Wir beobachten Sting Rays und Nurse Sharks von unserer „Haustür“ aus, wie sie unter unserer Cabin durchschwimmen oder darunter schlafen. Die Insel ist nicht groß, man kann sie in etwa 40 Minuten zu Fuß umrunden. Sie ist voll mit Kokospalmen und wir dürfen so viele Kokosnüsse essen und trinken, wie wir wollen. Die Jungs gehen gelegentlich Speerfischen, sodass ab und zu auch frischer Fisch auf unseren Tellern landet.
Wenn man um die Insel spaziert, landet man zwangsläufig bei einem kleinen Schiffswrack. 2012 landeten damit 25 Kubaner versehentlich auf der Northeast Caye. 15 Tage waren sie unterwegs und fast 1000 Kilometer durchs Karibische Meer gefahren. Das Boot ist ein Eigenbau, angetrieben von einem kleinen slowenischen Lastwagenmotor. Es ist ein Wunder, dass alle heil angekommen sind, sogar zwei schwangere Frauen. Drei Tage vor Erreichen der Northeast Caye ging der Motor kaputt und sie wurden nur noch von der Strömung getrieben. Auf der Insel wurden sie mit Essen und Trinken versorgt und durften ihre Familien anrufen. Belize nimmt keine Flüchtlinge auf, also brachten die Fischer die Flüchtlinge nach Honduras. Die Zeit vergeht wie im Flug und wir müssen zurück. Frank, Biscuit und Matt bleiben noch eine Woche, für uns geht die Reise weiter. Am Samstag, den 10. März, verabschieden wir uns von den dreien und dem Rest der Inselbewohner und fahren zurück nach Hopkins, wo Muggl auf uns gewartet hat.
Noch am gleichen Tag fahren wir nach Placencia weiter, wo es vor allem Christoph nicht gefällt. Auf dem Weg dorthin fahren wir an protzigen Villen vorbei, die sich hauptsächlich amerikanische und kanadische Rentner gebaut haben und die dort überhaupt nicht hinpassen. Wir fahren wieder ein Stück zurück Richtung Hopkins und beschließen, einen freien Platz am Strand zum Campen zu suchen. Am Rande des Dorfes Seine Beight werden wir fündig. Wie immer stellen wir uns bei den Leuten vor und fragen, ob wir dort übernachten dürfen. Die Nachbarin Lauren und ihr Sohn Brian kommen uns entgegen und es ist kein Problem. Brian spricht sogar ein bisschen Schwitzerdütsch, er war mit einer Schweizerin zusammen und hat zwei Kinder dort. Er zeigt uns, wo sie wohnen und wir finden einen Haufen Welpen in ihrem „Garten“, der hier einfach der Sandstrand ist. Weiter gibt er uns eine kleine Führung durch das Dorf, wo wir den ein oder anderen Verwandten von ihm treffen und in der Bar landen, wo die Locals Bitters kaufen. Bitters sind eingelegte Wurzeln, deren Sud mit Rum und Wasser verdünnt wird und gegen verschiedene Leiden helfen soll. Wir sind in einem komplett schwarzen Dorf gelandet.
Um halb sieben bringt er uns zurück, als es langsam dunkel wird. Wir sind müde von der langen Bootsfahrt in der Sonne und der vielen Fahrerei, sodass wir zeitig ins Bett gehen. Um zwei Uhr klopft es: Es ist Brian, ein bisschen angetrunken. Er will uns zeigen, wie schön der Mond ist und dass es in der Nähe eine Disco gibt, wo das ganze Dorf versammelt ist. Wir sind die einzigen Weißen, was uns ein bisschen Unbehagen bereitet, aber sonst stört es niemanden. In der Disco gibt es einen Animateur, der die karibische Musik mit Sprechgesang unterbricht. Brian bringt uns eine halbe Stunde später zurück zu Muggl. Am nächsten Morgen wollen wir uns nur noch kurz von der Familie verabschieden, was uns zum Verhängnis werden sollte.